Erprobung von Elektrolyseuren im Industriemaßstab

Das Fraunhofer IWES betreibt bzw. baut derzeit drei Hydrogen Labs, die erstmalig eine digital vernetzte Infrastruktur mit Test- und Qualifizierungskapazitäten der dazu notwendigen Elektrolyse- und Brennstoffzellensysteme von in Summe über 25 Megawatt (MW) bieten. Sie erfüllen die gleichen Grundbedürfnisse, bieten darüber hinaus jedoch spezielle Schwerpunkte. Somit entsteht ein weltweit einmaliges Angebot von Pilotanlagen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Wasserstoffwirtschaft. 

 

Zertifizierung und Standardisierung

Es existieren bereits zahlreiche nationale und internationale Normungsaktivitäten (z.B. ISO 22734, VDI 4635), auch unter Beteiligung verschiedener Fraunhofer-Institute, im Bereich der Standardisierung von Wasserstofftechnologien und im Speziellen von Elekrolyseuren. Voraussetzung für den beschleunigten und nachhaltigen Aufbau von Elektrolyseurkapazitäten zur Herstellung von (grünem) Wasserstoff ist ein breites Vertrauen der anwendungsseitigen Marktakteure (Projektierer, Investoren und Anwender) in diese Technologie und deren Zuverlässigkeit. Eine wesentliche Grundlage bilden hier allg. anerkannte, standardisierte oder normierte Prüfprotokolle und -verfahren zur Bewertung der Leistung und Haltbarkeit von Elektrolyseuren unter Bedingungen, die für aktuelle und zukünftige Anwendungen repräsentativ sind.

Entwicklung standardisierter Prüfprozesse und Validierung von Produktleistungsdaten

Die integrierten Systemtestumgebungen Hydrogen Lab Bremerhaven, Hydrogen Lab Leuna und Hydrogen Lab Görlitz, in welchen Leistungs- und Stresstests für Elektrolyseure unter realistischen, dynamischen Betriebsbedingungen abgebildet werden können, dienen hier zum einen der Entwicklung von solchen standardisierten Prüfprozessen aber auch der Validierung von Produktleistungsdaten auf Basis eben dieser Standards. Sinnvoll ergänzt werden Systemtests durch Test und auf Zell-, (Short-)Stack- und Subsystemebene, um Elektrolyseur- OEM und die Zulieferindustrie in gleichem Maße zu unterstutzen. Das Fraunhofer IWES vereint dabei einzigartiges Know-how zur Charakteristik der Energiebereitstellung aus Windenergieanlagen (WEA) mit den Anforderungen an die großskaligen Elektrolyseure der Zukunft.

Während sich für die Standardisierung und Normierung langsam ein Weg abzeichnet, hat sich für die Systemzertifizierung auf Produktebene der Wasserstofftechnologien noch kein durchgängiger Prozess etabliert. Dem Fraunhofer IWES dienen hier die langjährigen und bewahrten Erfahrungen auf dem Gebiet der Windenergieanlagentechnik als eine Art Blaupause für die Wasserstofftechnologien. Selbstverständlich referenziert eine Systemzertifizierung (z. B. für Elektrolyseure) in ihren definierten Verfahrensbeschreibungen dabei idealerweise auf vorhandene und etablierte Technologie- und Produkt- Standards und Normen.

 

Hydrogen Lab Leuna – Direktanschluss an die chemische Industrie

Im Hydrogen Lab Leuna (HLL) können Elektrolyseure im Industriemaßstab jeglichen Typs – PEM, AEL, AEM oder SOEC – im Dauerbetrieb 24/7 erprobt werden, wobei dynamische Lastprofile beim Betrieb mit Elektrizität aus Photovoltaik- und Windenergieanlagen simuliert werden können, um Performance, Wirtschaftlichkeit und Langzeitverhalten im Realbetrieb sowie in beschleunigten Alterungstests zu untersuchen. Diese Daten sollen die Grundlage für eine künftige Zertifizierung liefern.

Kennzeichnend für das HLL ist, dass es eines der wenigen real existierenden großen Test Facilities ist, an denen Elektrolyse- Systeme im Megawatt-Bereich über Wochen und Monate im Testbetrieb gefahren werden können. Einzigartig ist, dass der erzeugte Wasserstoff in die Wasserstoff- Pipeline des Chemieparks Leuna eingespeist wird. Zudem kann der erzeugte Wasserstoff in Partnerschaft mit dem Fraunhofer CBP und weiteren Forschungspartnern vor Ort für die nachhaltige Synthese von chemischen Grund- und Kraftstoffen genutzt werden. Dank der Integration des HLL in den Chemiestandort Leuna und dessen Stoffverbund können damit innovative Prozesse für die Sektorenkopplung im Pilotmaßstab direkt am Chemieindustriestandort demonstriert und unter realistischen Bedingungen erprobt werden. Das Labor wird vom Land Sachsen-Anhalt und der EU gefordert.

 

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© Fraunhofer IWES
Das Hydrogen Lab Leuna.

Hydrogen Lab Görlitz – Testinfrastruktur entlang der gesamten H2-Wertschöpfungskette

Um ganzheitliche Lösungen für eine dekarbonisierte Wirtschaft zu entwickeln, bauen das Fraunhofer IWES und IWU gemeinsam das Hydrogen Lab Görlitz (HLG). Es wird am Freistaat Sachsen und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert. Mit dem HLG entsteht in enger Kooperation mit Siemens Energy eine Forschungs- und Entwicklungsplattform für die im Industriesektor entscheidende Power-to-H2-to-Power- Wertschopfungskette. Schwerpunkt der Forschungsaktivitäten ist neben der Erprobung von Wasserstoffkomponenten und der Entwicklung von großserientauglichen Fertigungstechnologien für Elektrolyseure,die Digitalisierung der Wasserstofftechnologie.

 

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© Fraunhofer IWES / Hauke Müller
Aufbau des Hydrogen Lab Bremerhaven in direkter Nachbarschaft zur 8 MW Offshore Turbine.

Hydrogen Lab Bremerhaven – Herausforderung Offshore-Produktion im Fokus

Die zunehmende Dezentralisierung der Stromerzeugungn durch die Einbindung von erneuerbaren Energiequellen stellt hohe Anforderungen an die Stromnetze, die bisher auf den Parallelbetrieb von zentralisierten Großerzeugern ausgelegt sind. Die Aktivitäten am Hydrogen Lab Bremerhaven (HLB) liefern Erkenntnisse darüber, wie Elektrolyseure und deren Leistungselektronik aufgebaut sein müssen, um netzstabilisierend zu wirken und so das Stromnetz der Zukunft verlässlich und flexibel zu gestalten. Im Fokus der Forschungsaktivitäten am HLB stehen insbesondere die Interaktion zwischen Windenergieanlage und verschiedenen Elektrolyseurtechnologien im Realmaßstab, die tiefe sektorenübergreifende Integration von Elektrolyse (z. B. durch Nutzung von Nebenprodukten), als auch die Nutzung von Ruckverstromungstechnologien für Inselnetz- und netzstutzende Anwendungen. Das HLB, das aus Mitteln des Landes Bremen und der EU gefordert wird, soll im Jahr 2023 fertiggestellt werden und bis zu zwölf Testflachen mit einer Gesamtleistung von insgesamt bis zu 10 MW bieten.

Durch den Betrieb der drei Hydrogen Laboratories unter zentraler Regie des Fraunhofer IWES kann die Belegung der Testkapazitäten und somit die Auslastung optimal gesteuert und den Kunden überregionale passgenaue Angebote mit optimierter zeitlicher Verfügbarkeit gemacht werden. Synergien zu vorhandener Infrastruktur und bestehenden Partnerstrukturen (IMWS, IWU und IGB) werden erschlossen. Heute noch nicht verfügbare mehrjährige Betriebserfahrungen mit Elektrolyseuren können in den Hydrogen Labs in wenigen Monaten abgebildet werden. Dies erlaubt Herstellern eine genau planbare und beschleunigte Markteinführung neuer Anlagen- und Komponentendesigns. Damit bietet das Fraunhofer IWES vor allem im Megawatt-Bereich einzigartige Möglichkeiten für das Testen von Prototypen und die Weiterentwicklung von Kundenprodukten. Dies mit einem Team von hochqualifizierten Fachspezialisten, professionellem Projektmanagement und unter höchsten Sicherheitsstandards – sowohl physisch als auch mit Blick auf Intellectual Property.